In spirituellen Lehren und auch in der Psychologie wird oft davon gesprochen, wie wichtig es sei, Verantwortung zu übernehmen – für die eigenen Gedanken und Gefühle. In unserem normalen, weltlichen Denken aber wird Verantwortung häufig mit Schuld gleichgesetzt. Was ist der Unterschied, was ist aus spiritueller Sicht mit diesen beiden Begriffen gemeint?
Wenn zu einem Menschen gesagt wird: “Du bist dafür verantwortlich!”, zum Beispiel für ein Kind, ein Tier oder einen Gegenstand, dann beinhaltet das die unterschwellige Drohung, dass dieser Mensch schuld daran sein wird, wenn das Kind, das Tier oder der Gegenstand einen Schaden erleidet. Wer für einen Schaden oder ein Leid verantwortlich ist, trägt die Schuld, selbst wenn er nicht die direkte Ursache dafür ist.
In der Psychologie wird häufig gesagt, dass man für die eigenen Gedanken und Gefühle Verantwortung übernehmen soll, auch wenn man zum Beispiel von einem anderen Menschen gekränkt oder verletzt wird. Dieser andere mag zwar die Ursache für mein Leid, meinen Ärger oder Schmerz sein, aber es liegt an mir, wie ich darauf reagiere. Das ist quasi mein Anteil an dem Geschehen. Der andere ist schuld daran, doch es ist meine Verantwortung, wie ich darauf reagiere. Das kann allerdings dazu führen, dass ich mich am Ende doch wieder schuldig fühle, wenn ich zum Beispiel auf eine verbale Beleidigung gekränkt oder ärgerlich reagiere.
Insofern ist also der Begriff “Verantwortung” in unserer Welt zwar durchaus positiv besetzt, denn jemand, der Verantwortung übernimmt, ist im Ernstfall dazu bereit, auch die Schuld zu übernehmen. Wie aber kann man “Verantwortung” im spirituellen Sinne, und speziell aus Sicht von Ein Kurs in Wundern, verstehen?
Der Knackpunkt ist für mich die Perspektive. Wenn ich die Worte aus Sicht einer menschlichen Person betrachte, ist Verantwortung nicht von Schuld zu trennen, denn sie wird voraussichtlich früher oder später zu dem Gefühl von Schuld führen. Sehe ich Verantwortung aber aus Sicht des Geistes, der diese Welt träumt, dann bedeutet Verantwortung vollständige Integration. Dann erkenne ich, dass nichts außerhalb von mir (als Träumergeist) existiert, dass alles in der Welt von mir in ein vermeintliches Außen projiziert ist. Nehme ich die Projektionen zurück, sehe ich alle Erscheinungen dieser Welt als Spiegel meiner selbst, als Ausdruck meiner selbst, eben wie in einem nächtlichen Traum. Verantwortung so verstanden ist einfach die Rücknahme aller Projektionen und damit das, was der Kurs Vergebung nennt.
In dieser Schau ist alles gleichermaßen gültig bzw. gleichermaßen bedeutungslos. Es kann jetzt keine Schuld mehr geben, denn Schuld ist ein dualistisches Prinzip, das einen getrennten Anderen voraussetzt. Und ohne Schuld gibt es auch keine Täter und keine Opfer mehr. Es gibt nur mich (MICH) als Träumer dieser Welt. Und das ist Frieden, Freiheit, Freude. Erlösung.
Lieber Tom, das hast du wunderbar differenziert und sehr anschaulich ausgeführt. 👍😊