Um zu verstehen, wie für einen Kursschüler ein wahres Gebet aussieht, müssen wir uns zunächst daran erinnern, dass – wie das Handbuch in “Ein Kurs in Wundern” sagt – Gott keine Worte versteht. Worte wurden von getrennten Geistern gemacht, um sie in der Illusion der Trennung zu halten. Worte können gerade für Anfänger hilfreich sein, um den Geist konzentriert zu halten. Aber sie sind nur Symbole von Symbolen, und daher zweifach von der Realität entfernt (H-21.1)
Im “Lied des Gebets” – dem Zusatz zum KiW – beschreibt Jesus, dass wenn wir Gott um konkrete Dinge oder Geschehnisse bitten, wir damit nur den Ego-Glauben an das Mangel-Prinzip verstärken. Und deshalb würde Gott keine solchen Bitten erfüllen. Zumal er nicht von unserem eingebildeten Mangel weiß. Dagegen sollten wir unseren Glauben an Bedürftigkeit und Mangel (Mangel an Geld, Sicherheit, Gesundheit, besonderer Liebe usw.) dem Heiligen Geist in uns übergeben. In seiner Liebe werden solche Illusionen aufgelöst. Wörtlich heißt es im Lied des Gebets: “Das Geheimnis des wahren Gebets ist, die Dinge zu vergessen, die du zu brauchen glaubst……. Was könnte SEINE Antwort anderes sein als deine Erinnerung an IHN?” (L-1.I:4).
Aber hier scheint es einen Widerspruch zu geben, denn im Lied des Gebets heißt es auch, man solle den HG um die Antwort auf jedes konkrete Problem bitten, und dass man eine konkrete Antwort erhalten wird, wenn es das ist, was man braucht. An anderer Stelle sagt Jesus im Kurs, dass es immer nur ein Problem und immer nur eine Antwort gibt.
Ken Wapnick erklärt diesen scheinbaren Widerspruch dadurch, dass uns auf unterschiedlichen Stufen unseres Wachstums geantwortet wird. Wir werden genau dort abgeholt, wo wir zu stehen glauben.
Weiter heißt es im Lied des Gebets: “Das Gebet hat keinen Anfang und kein Ende. Doch seine Form verändert sich, bis es seinen formlosen Zustand erreicht und in totale Kommunikation mit GOTT verschmilzt….Formen des Gebets oder des Bittens aus Bedürftigkeit beinhalten immer Gefühle der Schwäche und der Unzulänglichkeit und könnten nie von einem GOTTESSOHN gesprochen werden, der erkennt, WER er ist” (L-1.II.1-2).
Und weiter heißt es, dass niemand, der sich seiner Identität sicher ist, um Konkretes bitten könnte. Aber keiner, der sich seiner Identität unsicher ist, wird es vermeiden können, auf diese Weise zu bitten. Also: das Bitten um konkrete Dinge und Geschehnisse oder um konkrete Führung in Lebenssituationen ist nicht das wahre Gebet. Aber wenn wir um Konkretes bitten, müssen wir uns dafür nicht schuldig fühlen. Doch vielleicht können wir dabei mehr und mehr über die Formen hinwegsehen und die formlose Antwort Gottes bzw. des Heiligen Geistes verstehen – und die ist immer Liebe und Frieden. “GOTT antwortet nur für die Ewigkeit. Dennoch sind alle kleinen Antworten darin enthalten” (L-1.I:4).
Lieber Tom, vielen Dank, denn was du hier angesprochen hast, ist DER Grund für mich, warum mir der Kurs so sehr hilft und mir etwas schenkt, was ich zuvor nie für möglich gehalten habe. Er führt mich immer mehr dahin – entsprechend meinem Fortschreiten in der Bereitschaft – , mich eben nicht mehr am Konkreten und Weltlichen auszurichten und darin mein Glück zu suchen. Das gelingt eh nie richtig und beinhaltet schon immer den nächsten Schmerz. Zudem kennt Gott ja nicht nur keine Worte, sondern auch nicht diese Welt. Mit jedem Gebet aus dem Mangel bestätige ich mir aber die Welt und meinen Mangel. So komme ich aus der Leidens-Nummer nicht heraus.
Ja, und daher es geht darum, einen Frieden in mir zu wählen, der unabhängig vom weltlichen Geschehen ist. Das fühlt sich für mich unendlich befreiend an und ist mir in JEDER weltlichen Situation möglich. Ich brauche also keine bestimmte Situation mehr dafür. Wow!
Zwei Zitate aus dem Kurs sprechen mich zu diesem Thema auch noch sehr an.
“Das einzig bedeutungsvolle Gebet aber ist das Gebet um Vergebung, weil die, denen vergeben worden ist, alles haben. Wenn die Vergebung einmal angenommen worden ist, wird das Gebet bedeutungslos. Das Gebet um Vergebung ist nichts anderes als eine Bitte, dass du fähig sein mögest, wiederzuerkennen, was bereits dein ist.” (T-3.V.6:3-5 / S. 45) Es geht also nur um den Geisteswandel vom Ego zum Heiligen Geist. DAS ist Vergebung und unsere inhaltliche Ausrichtung im wahren Gebet, ganz gleich, was uns in der Welt zu quälen oder zu freuen scheint. Es geht um das Wiedererkennen unseres wahren Seins. Und daher:
“Die Antwort GOTTES ist irgendeine Form des Friedens.” (Ü-II.359.1:1. / S. 485) Es geht also nur um den Fokus auf den Frieden, es geht nicht um die Form. Die Formen (Worte, Handlungen, Entscheidungen), in denen dieser weltunabhängige Frieden in der Welt ausgedrückt wird, sollten uns nicht vom ihm ablenken. Dieser Frieden ist das, was wir alle suchen und wahrhaft sind. Und in diesem Frieden können wir ALLE Situationen hilfreich nutzen und gut durchschreiten, solange wir noch hier zu sein scheinen. Welch Freiheit und Geborgenheit! Was für ein Geschenk wir uns selbst und anderen damit machen! Und dann ganz erwachen.
Wunderbar, liebe Katja! Vielen Dank für deine Ergänzungen und schönen Zitate. Vor allem aber gefallen mir diese beiden Sätze von dir: “Es geht also nur um den Fokus auf den Frieden, es geht nicht um die Form. Die Formen (Worte, Handlungen, Entscheidungen), in denen dieser weltunabhängige Frieden in der Welt ausgedrückt wird, sollten uns nicht vom ihm ablenken”. Das trifft es auf den Punkt! 🙂
Wahres Gebet ist das Verweilen in der Wonne, Glückseligkeit und Freiheit des nichtdualen Einsseins mit Gott 🙂 „Brahma Satyam, Jagan Mithyam, Jivo Brahmaiva Napara“. „In drei Sätzen sei es verkündet, was man in Tausend Büchern findet: Brahman ist wirklich, die Welt ist Schein. Das Selbst ist nichts als Brahman allein.“
Ja, so ist es! 🙂