Vor kurzem machte ich am Morgen eine 15-minütige Meditation. Ich saß mit geschlossenen Augen auf der Couch und spürte in mich hinein. Da kam mir auf einmal der Gedanke: Wie wäre es, wenn ich genau in diesem Moment erst geboren worden wäre? Wenn ich jetzt gerade zum allerersten Mal bewusst geworden wäre? Genau jetzt erwacht wäre bzw. den Traum begonnen hätte? Wer wäre ich dann?
Ich spielte also mit dem Gedanken, dass ich keinerlei persönliche Vergangenheit habe. Dass es überhaupt keine Vergangenheit gibt, sondern nur das, was sich jetzt in diesem Augenblick präsentiert. Und das waren einfach nur einige körperliche Empfindungen, wie das Heben und Senken des Brustkorbs, eine leichte Spannung in den Beinen, ein Prickeln in den Händen. Aber ich versuchte, mir nicht einmal zu denken, dass diese Empfindungen in einem Brustkorb, in Armen und Beinen stattfinden, sondern sie einfach nur zu fühlen, was immer sie sein mögen. Unser Reflex ist, sich sofort im Geiste den uns bekannten Körper zu denken, in dem die Empfindungen stattfinden. Wenn ich das alles sein lasse, nur das wahrnehme, was ist – wer bin ich dann? Was bin ich? Mir wurde klar, dass diese Frage nicht auf herkömmliche Weise zu beantworten ist. Neben den Empfindungen waren da auch leise Geräusche und kaum merkliche Gerüche. Gehörten die Empfindungen mehr zu mir als die Geräusche und Gerüche? Nein, nicht wirklich. Ich merkte immer mehr, dass ich keine Grenze zwischen diesem und jenem ziehen konnte, kein Ich von einem Nicht-Ich abgrenzen. Auf eigenartige Weise war ich alles, was ich wahrnahm. Und doch war ich gleichzeitig und paradoxerweise nichts davon, denn alles erschien wie Bilder auf einer Leinwand. Auch die Gedanken, die mir kamen, zogen auf der Leinwand, vor meinem “geistigen Auge” vorbei. Ich fühlte immer mehr, dass ich einfach nur diese bewusste Anwesenheit war, dieser nicht definierbare Raum, in dem sich alles abspielte. Und ich konnte nicht sagen, wo ich war, außer einfach nur “hier”! Hier und jetzt! Ich war der Träumer, der zum Beobachter wurde. Es war eine sehr unspektakuläre, eher subtile Erfahrung, die aber noch Stunden und Tage in mir nachklang, als ein Gefühl der Stille und der Erfülltheit. Natürlich kann man einwenden, dass wir nicht willentlich unsere gesamte persönliche Vergangenheit vergessen können. Aber es war wie gesagt ein Spielen mit dieser Idee, was dennoch eine tiefe Wirkung zeigte.
Wundervoll! Danke fürs Teilen, lieber Tom! Es ist die STILLE, vin der auch Eckhart Tolle in seinem wunderbaren Buch “Stille spricht” schreibt. Die Leere, in der ALLES- und NICHTS gleichzeitig ist. ❤️😍
Ja, liebe Mary! Stille ist einfach nur ein anderes Wort für diesen leeren, unbegrenzten, aber bewussten Raum. Und noch dazu ein sehr schönes Wort 🙂